Freitag, 29. März 2013

Im Bann der Bienen (Leseprobe)


Die neue Bienenart war ein reines Kunstprodukt. Es wäre Unsinn gewesen, sie sofort auf die freie Natur loszulassen. Wer sagte uns denn, dass sie wirklich ihr manipuliertes Genom kopierte und der folgenden Generation weitergab? Wer sagte uns, ob wir nicht nebenbei ihr Orientierungssystem gestört hatten, wie das einige Forscher von den verschwundenen Bienen behaupteten? Wir hatten Geduld. Die große Forschung würde an jenen Geschöpfe zu bewältigen sein, die wieder „natürlich“ entstehen würden, also an jenen Bienen, für deren „Geburt“ „unsere“ Königin zuständig war und gefüttert wurde. Zumindest dieser Instinkt war – genau wie der arbeitsteilige Aufbau des Staates - erhalten geblieben. Eigentlich war der Erfolg am allerwenigsten meine Leistung. Doch … Vielleicht verstand ich nur zu wenig von Frauen, und war deshalb verunsichert, dass mich Lissy zu vergöttern begann. Aber mir tat es gut.
Dann dieses herrliche Gefühl, für neues Leben verantwortlich zu sein. Auch neue Bienen sind ja neues Leben. Als jenes Ereignis herangerückt war, fühlte ich mich wie der Oberarzt einer Frauenklinik. Ich gebe zu, insgeheim freute ich mich sogar ein wenig, dass Gregs weiterlaufende Reihen bis zu diesem Tag keine nutzbare neue Kombi ergeben hatten. Die Angst, er könnte mich doch noch bei Lissy ausstechen, hatte ich nicht verloren. Aber die Strafe dafür traf mich trotzdem ganz unvermittelt:
Wir hatten alles für das Experiment „erster Ausflug“ vorbereitet. Die FN 3514 b-Bienen (also die der zweiten Generation) wurden in eine vollkommene Kunstnatur entlassen. Ein Treibhaus mit einem Gemisch aus Kunst- und Sonnenlicht und mit blühenden Pflanzen aller Art. Wir hatten so viele Kameras installiert, dass kein einziges Blatt unbeobachtet hätte wackeln können. Es gab Blüten nebeneinander, die die Natur nie nebeneinander zugelassen hätte, und in verschiedenen Farben. Wir waren sicher, nichts vergessen zu haben. Und dann ...
Als wir nachher wie die Verrückten die vielen Filme durchsahen, verfestigte sich von Mal zu Mal unser anfänglicher Eindruck: Unsere tollen Bienen waren losgeflogen, hatten versucht sich zu orientieren – ob ihnen das gelungen war, konnten wir nicht sagen – und etwas gesucht. Jeder Film bestätigte, dass sie nicht fanden, was sie gesucht hatten. Jeder Film zeigte aber auch, dass sie ihre Suche nicht auf Blüten konzentrierten, egal welche. Unsere Wesen sahen eindeutig aus wie Bienen, aber Blütenstempel interessierten sie nicht, schillernde Farben lockten sie nicht. Manchmal flogen sie merkwürdige Kreise. Immer dann hatte ich das Gefühl, mein Adrenalinspiegel stiege an. Auch Lissy, Paul und Esther fühlten sich beschwingt. Wir schoben das auf die Erwartung eines Erfolgs – wie immer der aussehen sollte.
Inzwischen beobachteten wir noch etwas Anderes: Unsere b-Bienen nahmen gern Honig zu sich. Doch dann ... Bei der Verdauung des Honigs entstanden kleine Portionen klassischen Alkohols. Die Tiere wurden besoffen und führten sich auch so auf. „Macht nur so weiter! Unser Volk wird bestimmt bald delirierend aussterben“, unkte Greg. Wir lachten noch. Wir ahnten ja nicht, dass es vielleicht das sogar das Beste gewesen wäre, hätte sich Gregs Vision bewahrheitet.

Greg stattete uns häufig Besuche ab. Wäre er doch nur still geblieben dabei! Wäre er doch bei seinen Programmierungen geblieben! War er aber nicht. Er schäumte nur so über von unausgegorenen Ideen. Mit dem Blick des unbeteiligten Außenstehenden beobachtete er zum Beispiel erst eine Weile die aktuelle Situation unserer Schöpfungen, um dann einen Witz abzulassen: „Habt ihr gesehen, dass die ihren Alk einfach auf die Blätter pinkeln? Ist doch Verschwendung. Vielleicht ergibt das ganz neue Nutzungsmöglichkeiten? Ich hol mal ein paar Versuchsmäuse. Sollen die prüfen, ob das ein gutes Gesöff ist.“ Und schon zog er los. Wir hörten ihn noch ulken: „MET direkt von den Bienen ... Welch Fortschritt!“
Unsere Situation schien ihn köstlich zu amüsieren.
Ich gebe zu, dass mir das Ruder aus der Hand glitt. Ich war selbst viel zu neugierig, um etwas Sachliches zu tun. So unternahm ich nichts, als Greg mit einem Behälter voller Versuchsmäuse zurück war. So schnell, wie er dann den Deckel der Kiste und die Tür des Treibhauses geöffnet, den Kasten hineingestellt und die Tür wieder geschlossen hatte, konnte ich kaum reagieren und ihm wenigstens zurufen, er solle aufpassen. Nicht dass uns einige Bienen entwichen. Da war es schon zu spät ...
Nein, wahrscheinlich waren wirklich alle Bienen im Versuchshaus geblieben. Aber das war dann auch das Letzte, woran wir während der nächsten Minuten dachten.
Die Mäuse begannen neugierig ihre neue Umwelt zu untersuchen. Einige schienen als Erstes den ungewohnten Geruch aufzunehmen. Mäuse sind echt putzig, wenn sie ihre Nasen in die Höhe recken. Es fiel zwar absolut nicht in unseren Aufgabenbereich, aber wir hätten aus reinem Vergnügen die Mäusesauforgie beobachtet.
Doch dazu kam es nicht. Die Bienen waren nämlich wie verwandelt. Als hätten sie endlich gefunden, was sie so lange vergeblich gesucht hatten, orientierten sie sich um. Als Formation von Sturzkampffliegern oder so, als ob am Mäusebehälter ein Vakuum entstanden wäre, stürzten sich alle auf die Nager. Wir starrten wie benommen auf die Szenerie. Innerhalb von drei Minuten lagen dort, wo zuvor die kleinen Säuger gelaufen waren, nur noch ein paar Knöchelchen. Eine Weile standen wir reglos da.

Wahrscheinlich hallte auch in den Ohren der anderen das Entsetzensfiepen der Mäuse nach Diese hilflose Angst, der Schmerz und dann das Verstummen.
Als wir langsam wieder zu uns kamen, fiel uns als Erstes auf, dass sich unsere b-Bienen nun wie „normale“ Bienen aufführten – zumindest ihrer Königin gegenüber. Bisher hatten wir nicht eine Biene beim Nektar sammeln „erwischt“. Das änderte sich nun. Schon wenige Minuten nach dem Überfall auf die Mäuse waren fast alle Bienen dabei, sich an Blüten zu schaffen zu machen und zu ihrem Korb zu fliegen. Hätten nicht die Knochen am Boden gelegen, wir hätten eine perfekte Idylle vor uns gesehen ...

Donnerstag, 28. März 2013

Slov ant Gali: „Im Bann der Bienen“, SF-Romanprojekt



Er hatte seinem Vater, dem Imker am Sterbebett versprochen, die Ursache für das Verschwinden der eigenen Bienenvölker aufzuklären. So hatte die Karriere in dem privaten Forschungsinstitut begonnen. Damals dachte er noch nicht darüber nach, warum die dortigen Mitarbeiter anscheinend alle ohne Kontakte nach „draußen“ waren und ob er eventuell deshalb ausgewählt worden sein könnte, weil er ohne Bindungen war. Auch die Kollegen verschiedener Abteilungen wussten kaum etwas voneinander. Kein normaler Mitarbeiter hatte den Überblick, welche Forschungen im Institut wirklich liefen. Als bei Fred die Ahnung reift, dass dies Absicht war, war es bereits zu spät. Er als Ich-Erzähler leitete schon ein mit genetischen Variationen zur Immunisierung von Bienen gegen bestimmte Umweltgifte beschäftigtes kleines Team.
Doch dann sterben Mitarbeiter, die die Versuchsreihen am Hauptrechner vorbereiten und auswerten, unter mysteriösen Umständen. Steckt etwas Anderes hinter „dem Ganzen“ als vorgegeben? Polizeiliche Untersuchungen eben jener Todesfälle enden verdächtig früh ergebnislos. Der wenig heldenhafte Held aber entdeckt, dass er in ein Gewirr von Privatinteressen, geheimdienstlicher Tätigkeit, militärischer Forschung und einer eigenen Schöpfung geraten ist. Das neue Bienenvolk besitzt unheimliche Fähigkeiten. Es braucht fleischliche Nahrung und vermag die Gedanken und Gefühle der Menschen in seiner Umgebung zu beeinflussen. Was soll Fred tun, wenn er nicht wissen kann, welche seiner Gedanken bereits manipuliert? Wem kann er vertrauen? Eine Geheimdienstmitarbeiterin rettet ihm bei einem Mordanschlag das Leben. In wessen Interesse arbeitet sie? Alle Menschen im Institut eint erst einmal alle eines: Sie wollen möglichst schnell möglichst viele Völker dieser Monsterbienenart – angeblich um mehr Versuchsreihen zu ihrer Vernichtung zu besitzen. Dazu kommt die Liebe zu einr der Mitarbeiterinnen, deren Schwangerschaft Horrorvisionen heraufbeschört ...