Mittwoch, 19. Oktober 2011

Gibt es außerirdisches intelligentes Leben? (ein Essay) (4)



Das bedeutet für außerirdische Intelligenz vielerlei:
Menschenähnliche auf einem etwa mit unserem vergleichbaren Niveau sind so gut wie auszuschließen.
Formen von Intelligenz, die als Gemeinschaft die Bindung an ihr Herkunftssystem ganz lösen, also nach dem Untergang ihres eigenen Sonnensystems anderswohin weitergezogen sind, würden wahrscheinlich Eigenschaften entwickeln, durch die wir sie nicht verstehen, wahrscheinlich nicht einmal bemerken würden. Aus Vereinfachungsgründen fasse ich sie hier als Wesen auf einem in weitesten Sinne höheren „kulturellen Niveau“ zusammen.
Wenn unser Sternensystem etwa ein Drittel seiner Gesamtexistenzzeit brauchte, bevor sich höhere Lebensformen herausgebildet hatten, spricht außer der geringen Möglichkeit der Expansion im All nichts dagegen, dass auch andere Systeme entsprechend lange in relativer Konstanz brauchen, dass von 10000 Lebenswelten 3-4000 also nur Vor- oder Frühformen von Leben aufweisen. Das schließt ein, dass diese andere Energiegewinnungsmechanismen (z. B. Gärung), bei denen freier Sauerstoff nicht erforderlich und nicht vorhanden ist, verwenden. Es ist fraglich, ob „Hochkulturen“ solche Systeme „kolonisieren“.
Wenn wir von irdischen Erfahrungen ausgingen, dann gäbe es in etwa 1000 der 10000 Fälle etwas, was wir als „Natur“ erkennen könnten. Das heißt nicht, dass wir dort leben können, sondern dass es dort Lebewesen gibt, die sich an die chemische Struktur der vorhandenen Atmosphäre angepasst haben - und zwar solche, die wir mit bloßem Auge als Lebewesen erkennen könnten.
Der größere Teil dieser Lebewesen wäre nach unserem Verständnis „Tier“oder „Pflanze“ zu nennen oder etwas, was Merkmale von beiden aufweist. Die Wahrscheinlichkeit, dass Lebewesen mit sich entwickelnder Intelligenz Wirbeltiere sind, ist hoch. Theoretisch vorstellbar ist auch eine „Schwarmintelligenz“, bei der die Einzelwesen wie Organe eines Gesamtorganismus oder gar nur Organteile funktionieren, und diese vielen Einzelwesen ein besonderes Kommunikationsnetz aufbauen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber relativ hoch, dass dieses Netz relativ früh als Anpassung an die Umwelt ausreicht. Damit entfiele der Anpassungs- und Auslesedruck. Anders ausgedrückt: Die relativ hohe Zahl von „Insekten“, die das bewältigen könnten, was beim Menschen das Gehirn bewältigt, wäre in der Natur eine Verschwendung.
Wegen der extrem hohen Menge von widersprüchlichen Informationen, die zu verarbeiten sein müssten, um überhaupt „Erfahrung“ und „Intelligenz“ sinnvoll zu machen, sind zumindest in uns bekannten Formen Pflanzen als Intelligenzträger auszuschließen. Es ist zwar schwer zu sagen, wie groß der Umfang an Informationen widersprüchlicher Art sein muss, aber dass er sehr groß ist, erscheint eindeutig. In einer Wüste kann also kein intelligentes Leben entstehen. Wahrscheinlich wählt die Evolution eine so komplizierte Variante auch erst, wenn alle Extreme „ausgereizt“ sind, wenn also der Aufwand, noch schneller, geschickter und für einzelne Reize aufnahmefähiger zu sein als die bisherigen Lebensformen, nicht mehr vertretbar ist.  

Gibt es außerirdisches intelligentes Leben? (ein Essay) (5)



Intelligente Wesen werden auf jeden Fall Organe für einen inneren Stoff- und Energieaufbereitungskreislauf (mit Ein- und Ausgang) haben sowie für die Aufbereitung von Informationen – sprich Sinnesorgane und ein Gehirn. Weiterhin werden Organe zur Fortbewegung benötigt und einer eigenständigen Verarbeitung von Sinnesabstraktionen. Also außer Beinen oder Ähnlichem – von denen zwei ausreichen, weil vier als Fortbewegungsmittel die Notwendigkeit der gedanklichen Aufbereitung senkt – noch etwas, was sich mit menschlichen Händen vergleichen lässt, und Organe zur differenzierten Signalbildung. Dass letztere im Mund liegen, kann man als wahrscheinlich ansehen, da sich eine differenzierte Reizverarbeitung schon vor dem Formen der Lautzeichen herausgebildet hatte. Sehr wahrscheinlich ist Geschlechtlichkeit. Nur durch sie vermag sich eine Art selbst in den natürlichen Ausleseprozess einzubringen. Die Intelligenz perfektionierenden Wesen müssen keine Säugetiere sein – sie sollten aber eine Version gefunden haben, bei der Sexualität zwischen konkreten Wesen mit fortzupflanzenden Eigenarten korrespondiert. Letztens müssten intelligente Wesen bestimmten Größenoptimierungen entsprechen. Also groß genug für ein entsprechendes Gehirn, für den Körperbau entsprechend der Gravitation usw., aber wiederum nicht so groß, dass allein die Größe zum Überlebensvorteil wird. Es wäre also verwunderlich, wenn eine Fremdintelligenz extrem von menschlichen Größenverhältnissen abwiche. Das träfe bedingt auch zu, sollte sich unwahrscheinlicher Weise eine höhere Intelligenz im Wasser herausbilden.
Bei der bisherigen Betrachtung habe ich eines angedeutet: Fünf Milliarden Jahre läge die geistige Entwicklung der „Menschenartigen“ über unserem Niveau. Wie weit das sein kann, kann man nur mit einem Schwindelgefühl erahnen, wenn man sich vorstellt, wie die Gedankenwelt eines Menschen vor 20000 und eines vor 200 Jahren beschaffen gewesen sein muss – und bei dem, was wir hier betrachten, ist noch eine ganze Million an Jahren eine zu vernachlässigende Kommastelle, ein denkbarer Rundungsfehler! In solchen Größenordnungen nach vorn gedacht ist die bewusste Gestaltung von Organen, Sinnesaufnahme- und -verarbeitungsleistungen nicht absurd. Es ist also unwahrscheinlich, dass wir eine Vorstellung über das Aussehen späterer Menschengeschlechter erhalten, indem wir die Entwicklung der letzten Jahrtausende fortschreiben. Wenn wir uns Intelligenzen aus fernen Systemen vorstellen, so befinden diese sich wahrscheinlich auf der Ebene „künftigster“ Menschengeschlechter.
Im Sinne der Entwicklung sich selbst organisierender Materie befindet sich die Menschheit sehr wahrscheinlich gerade an einem Punkt, den man nach innen „Revolution“ nennen kann, und der so einschneidende Wirkungen für die Gesamtentwicklung hat wie die schlimmsten Meteoriteneinschläge und Ähnliches. Mit einem Unterschied: Während Zeitpunkt und Wucht von natürlichen Brüchen in der inneren Entwicklung eines Sonnensystems zufällig und in jedem Einzelfall also unterschiedlich sind, hat der Marxismus das Durchlaufen der Klassengesellschaften für die Menschheit als notwendig für ihren Fortschritt erkannt. Also: Wäre der Untergang der Saurier nicht von außen erzwungen worden, hätte sich in anderer Geschwindigkeit (langsamer) auch eine Situation herausgebildet, bei der sich Intelligenz ausgeprägt hätte. Aber diese wäre genauso an einen Punkt gekommen, an dem die ersten richtigen Kopfarbeiter ihre Leistung noch und schon allein durch den Gebrauch anderer Ausführender entfalten können und müssen. Dieser Prozess scheidet erst endgültig das Intelligenzwesen vom Tier. Er umfasste auf der Erde ca. 6000 Jahre. Man beachte innerhalb dieser Zeit die extreme Beschleunigung aller Entwicklungen in den letzten 500 Jahren. Der Vergleich mit einem durch ein „Schwarzes Loch“ eingefangenen und mit wachsender Nähe zum Gravitationszentrum zunehmend schneller werdenden Raumschiff drängt sich auf. Beim „Schwarzen Loch“ ist das Ergebnis klar: Das Raumschiff verschwindet. Zumindest eines ist uns Menschen, die wir mitten drin sind im Geschehen, bewusst: Das System Leben auf der Erde ist gerade besonders instabil.