Mittwoch, 26. August 2009

Abea (5)


(Die Erzählung erschien 2009 in einem Sammelband mit utopischen Geschichten „Mein außerirdischer Liebhaber“ bei der dorante Edition:)

... Aber die Klasse hatte sich verändert.
Abea war Hobbes lange aus dem Weg gegangen. Das, was sie an Gedanken aus seinem Kopf hörte, quälte sie. Was konnte sie denn dafür, dass sein Vater von dort unten die tödliche Krankheit, ihr Dad dagegen sie mitgebracht hatte?
Dann merkte sie, dass sie immer mehr Mitschüler mieden. Wie eine Fahne zog sie den Titel „Schwarze Hexe“ hinter sich her. In ihrer Gegenwart sprach ihn niemand aus, aber das war vielleicht noch schlimmer: Es aus den zurückgebliebenen Gedanken der anderen lesen zu müssen, wie sie in ihrer Abwesenheit über sie hergezogen waren.
Hobbes war größer, älter und kräftiger als die anderen. Auf dem Heimweg von der Chorstunde, die jetzt auch keine richtige Freude für Abea mehr war, stand er plötzlich mit fünf anderen Jungs vor ihr. „Na, Cleopatra, bist du eigentlich beschnitten? Ihr Araberweiber sollt ja so scharf sein, dass ihr es anders nicht aushalten könnt. Na, ich beschneide dich gern. Wo auch immer.“
Sie hörte die anderen denken, lass den Quatsch, was soll das! Aber keiner sagte etwas. Sie konnte sich losreißen, rannte, rannte, rannte.
Zu Hause redete gerade die Mutter von Samantha auf Abeas Pflegeeltern ein, ohne das Kind in der Tür zu bemerken: „… Wir haben dreißig Rollen bekommen. Wir dachten, am Wochenende tapezieren wir zusammen. Rosa Wölkchen. Sind die nicht niedlich?“
Wortlos verzog sich Abea auf ihr Zimmer.
In der Schule häufen sich in letzter Zeit die Fälle von … Also, wenn es nicht so verrückt klänge, dann würde ich sagen Strahlenkrankheit. Genau genommen betrifft das die ganze Klasse Ihrer Tochter bis auf … na, eben bis auf Ihre Tochter selbst.“
Das kann ja wohl nicht wahr sein.“
Samantha hatte sich erhoben.
Mrs. Widerman war ebenfalls aufgestanden.
Ich glaube es natürlich auch nicht. Aber an mich ist von mehreren Eltern die Bitte herangetragen worden, mit Ihnen zu sprechen. Sie mögen Ihr Kind aus unserer Schule nehmen. Wie gesagt, das …“
Ich versteh schon! Auf Wiedersehen!“
Samantha stürmte wutentbrannt heim. Kurz vor ihrem Haus traf sie ein Stein in der Nierengegend.
...

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